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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 13 U 17/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 259
1. Zu den Anforderungen an den Vortrag eines Auskunftsberechtigten über sein Interesse an eingeklagten Auskünften, wenn dessen auf Treu und Glauben gestützter Auskunftsanspruch einen ungewöhnlich großen Umfang hat

2. Zu den Anforderungen an das Tatbestandsmerkmal des auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruchs, dass die Auskunft für den Auskunftsverpflichteten "unschwer" zu erteilen sein muss.


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

13 U 17/02

Verkündet am 23.06.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 13. Zivilsenat in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.5.2004 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Darmstadt vom 20. November 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat die Klägerin zu tragen.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des Betrages leistet, dessen Vollstreckung sie betreibt.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein großes Zulieferunternehmen für Kfz.-Teile aus Plastikwerkstoffen. Sie bildet mit anderen Unternehmen die "A". Diese besteht zum Teil aus Personen-, zum Teil aus Kapitalgesellschaften. Deren beherrschender Gesellschafter war - jedenfalls bis 31.12.1995 - B A.

Die Beklagte ist der bekannte große deutsche Automobilhersteller. Sie stand und steht mit der A in Geschäftsbeziehungen.

Im Jahr 1993 fiel ein anderer Zulieferer für Plastikteile, die Firma C D, in Konkurs. Vom Konkursverwalter übernahm die A drei frühere C-Werke. Die von der Beklagten (aber auch von E und F) den früheren C-Werken, jetzt im Besitz der A, erteilten Aufträge gingen ab 1994 stark zurück; es bestanden Überkapazitäten.

Im Juni 1995 fanden zwischen der A, vertreten durch B A, und mehreren Autoherstellern, darunter der Beklagten, intensive Verhandlungen statt. Unter dem 14.06.1995 wurde eine Vereinbarung (im folgenden kurz nur "Vereinbarung"; vgl. wegen deren vollständigem Wortlaut Bl. 23 d. A.) zwischen den Parteien (bezeichnet als "X" für die Klägerin und "der Hersteller" für die Beklagte) geschlossen, die unter anderem bestimmt:

"1. Herr B A beabsichtigt, die in seinem Eigentum stehenden Mehrheitsbeteiligungen an den Übernahmegesellschaften der ehemaligen C-Werke und der Firma G bis zum 1. 1. 1996 an Käufer seiner Wahl zu veräußern, unbeschadet des Rechtes, weiter Beteiligungen unter 50 % an den Unternehmen zu halten. Die Vereinbarung behält ihre Gültigkeit über den 31. 12. 1995 hinaus, wenn der beabsichtigte Verkauf der Mehrheitsbeteiligung auch tatsächlich umgesetzt wird. Die Parteien gehen davon aus, dass B A sich mit einer Minderheitsbeteiligung von unter 50% zufrieden gibt und der oder die Erwerber der Mehrheitsbeteiligung wirtschaftlich leistungsfähige und seriöse Unternehmen sind, die von B A weder direkt noch indirekt kapitalmäßig beherrscht werden.

...

9. Der Hersteller bindet die X bei allen benötigten Kunststoffteilen, Baugruppen, Systemen und Modulen frühzeitig in den Anfrageprozess ein. Gibt die X das wettbewerbsfähigste Angebot ab, wird der Auftrag an X vergeben. Für die Wettbewerbsfähigkeit sind die Faktoren Preis, Qualität, Technik und Lieferfähigkeit ausschließlich maßgeblich. X erhält Gelegenheit zu einem Nachtragsangebot. Dabei ist vom Hersteller auf technische Unterschiede zwischen wettbewerbfähigsten und dem X- Angebot hinzuweisen. Ist das Nachtragsangebot wettbewerbsfähig im vorbezeichneten Sinne, wird der Auftrag an X vergeben.

...

Die Verpflichtung zur Anfrage wird eingegrenzt auf diejenigen Teile, die in das Produktionsspektrum der X fallen.

...

10. Die Maßgaben der Ziffer 9 gelten auch dann, wenn ein anderer Lieferant laufende Serienteile nicht mehr liefern kann oder will. Dabei wird X vor einer Verlagerung zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Bei gravierenden Preiserhöhungsverlangen bisheriger Lieferanten werden grundsätzlich Ausschreibungen unter Berücksichtigung der X durchgeführt. Als gravierend wird ein Preiserhöhungsverlangen von 10 % und mehr gegenüber dem ursprünglichen Preis bei Teilen mit mehr als 1 Mio. DM Jahresumsatz angesehen. Bei sonstigen Anfrageaktionen wird X ebenfalls angefragt.

..."

Die Beklagte bezog die Klägerin in der Folgezeit zwar durch Anfragen ein - eine Zusammenstellung gehaltener Anfragen der Beklagten bei der Klägerin findet sich als Bl. 28 ff. d. A. (Anlagen K 3.1 ­ 3.6);. Diese Anfragen hatten zwischen März und Dezember 1995 ein Volumen von ca. DM 90 Millionen. Aufträge erhielt die Klägerin in diesem Zeitraum nur im Volumen von ca. DM 1,8 Millionen. Die Klägerin war mit dem Umfang ihrer Einbeziehung in die Anfragen und der Auftragserteilung an sie unzufrieden. Sie bat im Januar und Februar 1996 um Auskunft gemäß Nrn. 9 und 10 der Vereinbarung, sowie um eine vereinbarungsgemäße Einbindung in die Anfrage- und Vergaberoutine (vgl. drei Schreiben Bl. 126 ­ 129 d. A.). Unter dem 17.08.1997 (Bl. 34 d. A.) mahnte die Klägerin erneut - diesmal durch Anwaltsschreiben - die vereinbarungsgemäßen Auskünfte usw. bei der Beklagten an. Mit Antwortschreiben vom 22.09.1997 (Bl. 37 d. A.) führte die Beklagte aus: Zwar sei die Vereinbarung nicht wirksam, da die Klägerin die Beklagte sittenwidrig unter Druck gesetzt habe. Dennoch halte sich die Beklagte daran. Sie sei "um normale bis wohlwollende Geschäftsbeziehungen" zur Klägerin bemüht. Die Parteien arbeiten geschäftlich noch heute zusammen. Die Klägerin meint, entgegen der Vereinbarung zu wenig einbezogen worden zu sein.

Mit der Stufenklage hat die Klägerin Auskunft über sämtliche bei anderen Zulieferern gehaltenen Anfragen der Beklagten wegen Plastik-Zulieferteilen, über die erteilten Aufträge und deren Preise sowie die Zahlung von Schadensersatz begehrt, und zwar zunächst für den Zeitraum zwischen dem 14. 6. und 31.12.1995. Sie hat behauptet, sie sei von der Beklagten nicht vereinbarungsgemäß in deren Anfrageroutine eingebunden worden. Die Beklagte habe bei anderen Firmen weit mehr Kunststoffteile angefragt, darüber mit diesen verhandelt und schließlich in Auftrag gegeben, als sich aus den Anlagen K 3.1­ 6 (Bl. 28 ff. d. A.) ergebe. Die Beklagte hätte auch wegen zu lackierenden oder mit Holzfaserbestandteilen zu fertigenden Teilen bei ihr anfragen müssen. Die Anfragen hätten lediglich wenig lohnende Kleinteile umfasst. Insbesondere habe die Beklagte sie bei Seitenverkleidungen, Instrumententafeln, Mittelkonsolen, Handschuhkästen und Stoßfängern nicht beteiligt. Die Beklagte hätte auch dann, wenn die Teile in deren eigenen Werken gefertigt worden wären, bei ihr anfragen müssen, denn die Eigenfertigung habe nach deren betriebsinternen Regeln mit Außenfirmen zu konkurrieren. Zudem seien ihr nur in einem Teil der in den Anlagen K 3.1-6 aufgezählten Anfragen vereinbarungsgemäß die Angebote anderer Anbieter und die Preise und Konditionen der Beklagten (sogenannte Zielvorstellungen oder "targets") mitgeteilt worden. Die Beklagte habe sie entgegen Nr. 10 der Vereinbarung auch nicht dann stets einbezogen, wenn andere Anbieter die Belieferung aufgegeben oder die Preise erhöht hätten. Sie, die Klägerin, habe die Beklagte durch laufende Vorsprache - telefonisch, schriftlich, persönlich - vergebens an die Einhaltung der Vereinbarung gemahnt (vgl. im einzelnen Bl. 121 d. A.). Sie sei jetzt zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche auf die verlangten Auskünfte angewiesen. Sie verfüge nicht selbst über die notwendigen Informationen. Es treffe nicht zu, dass ihre, der Klägerin, Mitarbeiter in den Entwicklungs- und Einkaufsabteilungen der Beklagten "aus und ein gegangen" seien und dadurch alle erforderlichen Kenntnisse gehabt hätten (vgl. im einzelnen Bl. 120 d. A.). Die Beklagte könne die verlangten Auskünfte auch "unschwer" erteilen. Die Zuliefer-Teile-Beschaffung unterliege von den ersten Anfragen bis zu den Auftragserteilungen einem standardisierten Ablauf. Die Unterlagen würden archiviert; dies sei schon wegen des hausinternen controlling erforderlich (vgl. im einzelnen Bl. 60 d. A.). Eine Nichtdokumentierung des Anfrageprozesses widerspreche betrieblichen Abläufen in der Großindustrie (Beweis durch Sachverständigen, Bl. 159 d. A.). Die Klägerin hat außer der vorbeschriebenen Auskunft einen "Buchauszug" über alle Anfragen und Auftragserteilungen verlangt. Mit Schriftsatz vom 28.12.2000 (vgl. Bl. 109 ff. d. A. ) hat die Klägerin die Klage auf das gesamte Jahr 1996 erweitert. Sie hat ferner hilfsweise verlangt, die von der Beklagten erteilten Aufträge mitgeteilt zu bekommen. Insoweit hat sie vorgetragen: Auch für 1996 habe ihr Auskunft zugestanden. Die Bedingung für die Fortgeltung über den 31.12.1995 hinaus sei erfüllt. B A habe die Mehrheitsbeteiligung durch Veräußerung von jeweils 51 % an die Firma X H, O1, sowie weitere Veräußerungen (Beweisangebot: Zeugen Wirtschaftsprüfer Z1, B A, Bl. 115 d. A.) abgegeben. Ein Vertragsinhalt gewordener Wille, B A persönlich habe sich aus der Führung der Unternehmen zurückzuziehen, sei der Vereinbarung vom 14. 6. 95 nicht zu entnehmen. Zum Hilfsantrag hat die Klägerin ausgeführt: Auch wenn die Beklagte nicht über Rechnungen, sondern über Gutschriften abrechne, so verfüge sie über sämtliche Daten über erteilte Aufträge. Deren Zuordnung zu den Anfragen im hier streitgegenständlichen Zeitraum sei möglich. Schon aus steuerlichen Gründen müsse die Beklagte Lieferantenrechnungen aufbewahren. Eine Zuordnung zur Produktpalette der Klägerin sei möglich, da der Einkauf nach dem Material der Teile , u.a. in einer Abteilung "Kunststoff", aufgeteilt sei. Die Klägerin hat ferner ausgeführt, sie benötige die Angaben über den Vergabeprozess zur Berechnung ihrer Schadensersatzforderung, und zwar teilweise zur Errechnung des Gewinns, im übrigen zur Errechnung von Deckungsbeiträgen. (vgl. im einzelnen Bl. 116 ff, 118 d. A.).

Die Klägerin hat bestritten, der Beklagten die Vereinbarung in sittenwidriger Weise abgepresst zu haben.

Wegen der Anträge der Klägerin wird auf die Klageschrift (Bl. 4 ff. d. A.) und deren Schriftsatz vom 28. 12. 2000 (Bl. 109 ff d. A.) sowie die Sitzungsniederschriften des Landgerichtes vom 10. 7. 2001 (Bl. 152 ff. d. A.) und 2. 10. 2001 (Bl. 193 ff. d. A.) verwiesen (Auch die Anträge der "Zahlungsstufe" sind gestellt).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Vereinbarung sei ihr durch die Drohung abgepresst worden, sonst dringend benötigte Zulieferteile zurückzuhalten und die Produktion lahmzulegen. Sie sei gemäß § 138 BGB nichtig.

Die Beklagte hat bestritten, der Klägerin nicht vollständig Auskunft gegeben zu haben (vgl. dazu im einzelnen den Beklagtenvortrag Bl. 9, 78 d. A.). Der Klägerin seien "grundsätzlich auch qualifizierte targets gegeben worden" (im einzelnen Bl. 79). Soweit Anfragen wegen der Stoßfänger unterblieben seien, beruhe dies auf der Unfähigkeit der Klägerin, diese qualitätsgerecht zu lackieren. Instrumententafeln und Seitenverkleidung beständen teilweise aus Holzfaserwerkstoffen und gehörten ebenfalls nicht zur Produktpalette der Klägerin. Ständig hätten die Einkäufer der Beklagten (acht Zeugen wie Bl. 45 f. d. A.) die Klägerin in den Prozess der Auftragserteilung eingebunden gehalten. Vieles sei telefonisch mitgeteilt worden. Wegen der Eilbedürftigkeit sei dies nicht anders zu machen. Dies betreffe auch die "Zielpreise" (die sogenannten "targets"). Mitarbeiter der Klägerin hätten sich in ihren Einkaufs- und Entwicklungsabteilungen vertraut bewegt, ständig Kontakt zu ihren, der Beklagten, Mitarbeitern gehalten und seien schon dadurch über alles informiert gewesen (drei Zeugen, Bl. 108 d. A.). Die Beklagte hat ferner behauptet, sie könne die erbetenen Auskünfte jetzt nicht mehr erteilen. Die seinerzeit gehaltenen Anfragen seien nicht archiviert worden. Vieles davon habe sie niemals schriftlich festgehalten, weil es telefonisch verhandelt wurde. Eine Aufbewahrungspflicht der Unterlagen über den Anfrage- und Vergabeprozess sei weder durch das betriebsinterne Controlling-System, noch durch das Zertifizierungssystem nach ISO 9000, dem sie unterläge, noch aus steuerlichen Gründen vorgeschrieben. Einen "Buchauszug" über die Anfragen und Aufträge könne die Klägerin nicht verlangen, denn § 87 c Abs. 2 HGB sei hier nicht anwendbar, sei doch die Klägerin keine Handelsvertreterin gewesen. Es gebe keine entsprechenden "Bücher" (vgl. im einzelnen Bl. 51 f. d. A.). Zur Klageerweiterung auf 1996 hat die Beklagte behauptet, die Bedingung für die Fortgeltung sei nicht eingetreten. Bei dem Erwerber X H handele es sich um eine Liechtensteiner Briefkastenfirma. Die Klägerin habe zu deren Beteiligungsverhältnissen - und dass B A selbst dort nicht mehrheitlich beteiligt sei - nicht substantiiert vorgetragen (im einzelnen Bl. 180 d. A.). Zum Hilfsantrag hat die Beklagte bestritten, jetzt noch Auskünfte über die erteilten Aufträge erteilen zu können. Sie sei nicht in der Lage, die die Produktpalette der Klägerin betreffenden Aufträge innerhalb ihrer umfangreichen Bestellvolumina abgrenzen. Ferner könne sie keine Zuordnung erteilter Aufträge zu Anfragen im streitgegenständlichen Zeitraum vornehmen; häufig würden die Verträge über Belieferungen Jahre vorher verhandelt und geschlossen.

Mit Urteil vom 20.11.2001 (vgl. Bl. 201 ff. d. A.), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zwar sei die Vereinbarung nicht gemäß § 138 BGB nichtig, denn eine sittenwidrig ausgenutzte Zwangslage der Beklagten habe diese nicht substantiiert vorgetragen. Die Vereinbarung sehe aber weder eine Verpflichtung der Beklagten zur Auskunftserteilung vor, noch bestehe aus Treu und Glauben eine Rechtspflicht zur Auskunftserteilung. Zwar befinde sich die Klägerin in entschuldbarer Weise in Unkenntnis über das Auftragsvolumen und die Preise der Konkurrenz usw.. Jedoch sei die Beklagte nicht in der Lage, diese Auskunft "unschwer" zu erteilen. Die Klägerin habe die Auskunftslage erst Jahre nach den betreffenden Vorgängen erhoben. Sie sei vorher wegen der Auskünfte ernsthaft nur durch das Schreiben vom 17.08.1997 auf die Beklagte zugekommen. Zu diesem späten Zeitpunkt der Klageerhebung sei der Beklagten eine erfolgreiche Recherche, wenn überhaupt, so jedenfalls nur noch unter unzumutbaren Aufwand möglich.

Eine Dokumentationspflicht für ihre Anfragen habe für die Beklagte nicht bestanden. Dahinstehen könne daher, ob die Klägerin auch bezüglich der mit Holzfaserbestandteilen bzw. Lackierung zu erstellenden Teile ein Auskunftsrecht zustehe und ob die Vereinbarung über den 31. 12. 1995 hinaus gelte.

Zur Begründung ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt, wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag. Vertiefend und ergänzend führt sie aus: Ihr Sachvortrag zu Mahnungen gegenüber der Klägerin wegen der Einbeziehung in der Anfrageprozess - nochmals dargelegt in Bl. 244 ff d. A. - sei vom Landgericht übergangen worden. Den Vortrag über die drei Mahnschreiben aus Januar und Februar 1996 (Bl. 126 ff d. A.) habe das Landgericht ebensowenig beachtet wie den über die Vorsprachen ihres Mitarbeiters ... I (dazu Bl. 244 ff d. A.). Relevanter Zeitpunkt dafür, ob die Auskunft "unschwer" erteilt werden könne, sei die seinerzeitige Fälligkeit des Auskunftsanspruches. Hätte die Beklagte die Klägerin sogleich und ständig in die Anfrageroutine eingebunden, wäre ihr kein zusätzlicher Aufwand entstanden. Auch jetzt sei der Beklagten die Auskunftserteilung noch möglich; die Unterlagen über die Belieferungsverträge seien noch vorhanden, denn sie unterlägen der Aufbewahrungspflicht aus § 143 Abs. 1 Abgabenordnung (vgl. im einzelnen Bl. 251 d. A.). Die Beklagte habe sich ihrer Auskunfts- und Auftragsvergabeverpflichtung aber entzogen, um große Umsatzvolumina einer Firma J aus dem Konzernverbund K zukommen zu lassen (im einzelnen Bl. 329 d. A.). Auf entsprechenden Hinweis des Gerichtes hat die Klägerin unter Vorlage eines Aktenordners mit Computerausdrucken (=Anlage zum SS vom 15. 12. 2003) behauptet, sie könne die der Vereinbarung unterliegenden Teile nicht genauer, als in ihren Anträgen erfolgt, bezeichnen. Das Bezeichnungssystem der Beklagten unterscheide nicht nach dem Material der Teile und enthalte keine klare Nummerierung. Auch habe sie, die Klägerin, keinen erlaubten Zugang zu dem Bezeichnungssystem; die Ausdrucke in dem Aktenordner habe sie von einem Vertriebspartner der Beklagten nur heimlich unter Bruch seiner Pflicht zur Verschwiegenheit erhalten.

Die Klägerin wiederholt die erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge und beantragt (vgl. Bl. 240-43 d. A.)

I. 1. Der Klägerin für die Zeit vom 14. 6. 1995 bis 31. 12. 1996 Auskunft darüber zu erteilen,

a) welche Anfragen sie bei Automobilzulieferern für Kunststoffteile und Baugruppen, Systeme und Module aus Kunststoff, für von der Beklagten produzierte Kraftfahrzeuge stellte, welche Angebote ihr auf die Anfragen erteilt wurden, welches Angebot das wettbewerbsfähigste war und welches Angebot den Zuschlag für die Belieferung erhielt. Die Anfragen und Angebote müssen Angaben über Preis, Qualität, Technik, d. h. Werkstoffvorgaben, Formen, Vorrichtungen und Verfahren und Lieferfähigkeit enthalten. Die Angaben über den Preis müssen Hinweise auf Entwicklungs-, Werkzeugs-, Anlauf- und Sonderanlaufkosten, sowie sonstige das Gesamtprojekt beeinflussende Kosten beinhalten;

b) welcher Lieferant mit welchen Liefergegenständen betreffend Kunststoffteile und Baugruppen, Systeme und Module aus Kunststoff, für von der Beklagten produzierte Fahrzeuge, in der Zeit vom 14. 6. 1995 bis zum 31. 12. 1996 die Belieferung einstellte oder einstellen musste und bei welchen der hiervon betroffenen Zulieferprodukte eine Verlagerung der Belieferung vorgenommen wurde. Die Beklagte wird weiter verurteilt, für die verlagerten Zulieferprodukte im vorbezeichneten Sinne Angaben über Preis, Qualität, Technik, d. h. Werkstoffvorgaben, Formen, Vorrichtungen und Verfahren zu erteilen. Die Angaben über den Preis müssen Hinweise auf Entwicklungs-, Werkzeugs-, Anlauf- und Sonderanlaufkosten, sowie sonstige das Gesamtprojekt beeinflussende Kosten beinhalten;

c) für welche Produkte aus Kunststoff und Baugruppen, Systeme und Module aus Kunststoff Lieferanten Preiserhöhungsverlangen von 10 oder mehr Prozent gegenüber dem ursprünglichen Preis bei Teilen mit mehr als 1 Mio. DM Jahresumsatz stellten. Die Beklagte wird weiter verurteilt, in diesen Fällen der Klägerin für die Zeit vom 14. 6. 1995 bis zum 31. 12. 1996 Auskunft zu erteilen, welche Anfragen sie bei Automobilzulieferern für diese Teile stellte, welche Angebote ihr auf die Anfragen erteilt wurden, welches Angebot das wettbewerbsfähigste war und welches Angebot den Zuschlag für die Belieferung erhielt. Die Anfragen und Angebote müssen Angaben über Preis, Qualität, Technik, d. h. Werkstoffvorgaben, Formen, Vorrichtungen und Verfahren und Lieferfähigkeit enthalten. Die Angaben über den Preis müssen Hinweise auf Entwicklungs-, Werkzeugs-, Anlauf- und Sonderanlaufkosten, sowie sonstige das Gesamtprojekt beeinflussende Kosten beinhalten;

d) welche sonstigen Anfrageaktionen die Beklagte in der Zeit vom 14. 6. 1995 bis 31. 12. 1996 für Kunststoffteile und Baugruppen, Systeme und Module aus Kunststoff durchführte;

2. der Klägerin einen Buchauszug über alle in der Zeit vom 14. 6. 1995 bis 31. 12. 1996 erteilten Anfragen und Zuschläge für Belieferungsverträge einschließlich der Angaben zum wettbewerbsfähigsten Angebot zu erteilen;

3. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt zu versichern;

4. der Klägerin Schadensersatz in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

sowie hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen über die ab dem 14. 6. 1995 vergebenen Aufträge an Lieferanten inklusive Aufträge an Konzernbetriebe oder Betriebe mit Beteiligung der Beklagten, Inhousefertigungen, betreffend alle von der Beklagten benötigten Kunststoffteile, Baugruppen, Systeme und Modulen unter Bezeichnung aller Kostenstrukturen, d. h. insbesondere Angaben über Entwicklungs-, Werkzeugs-, Anlauf- und Sonderanlaufkosten, sowie sonstige das Gesamtprojekt beeinflussende Kosten zu machen jedoch mit der Maßgabe (vgl. insoweit die Sitzungsniederschrift vom 26. 5. 2004, Bl. 330 f. d. A.),

dass sich der Auskunftsanspruch nicht auf die Artikel Projekt ..., Verkleidung Lenksäule, und Projekt ..., Verkleidung RW-seitlich bezieht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag: Die Vereinbarung beruhe auf Erpressung und sei nichtig. Sie enthalte zudem eine Verpflichtung zu einer sittenwidrigen Benachteiligung der Mitbewerber, § 21 Abs. 1 GWB, und sei deshalb auch nach § 134 BGB nichtig. Die Bedingung für die Weitergeltung über den 31. 12. 1995 hinaus sei nicht eingetreten. Die Klägerin lege nicht substantiiert dar, welche Informationen über Anfrage- und Vergabevorgänge aus dem Haus der Beklagten sie selbst schon habe. Sie treibe daher eine unzulässige Ausforschung. Im übrigen zeige die zweitinstanzlich erfolgte Vorlage des Aktenordners durch die Klägerin, dass sie alle Plastikteile genau bezeichnen und ihre Anträge substantiierter stellen könne. Die Beklagte wiederholt, Klägermitarbeiter seien bei ihr aus- und eingegangen und hätten alle Informationen gehabt (Zeugen wie Bl. 262 d. A.). Sie, die Beklagte, könne die verlangte Auskunft nicht "unschwer" erteilen. Inzwischen sei der Einkauf an eine andere Firma "outgesourct" worden. Sie habe seither die Unterlagen, soweit überhaupt noch aufbewahrt, nicht mehr im eignen Hause. Die Beklagte wiederholt, auf Grund ihres Gutschriftensystems verfüge sie nicht über Rechnungen, daher könne sie auch dem Hilfsantrag nicht entsprechen. Eine Zuordnung der - noch vorhandenen - Gutschriften zur Produktpalette der Klägerin und zum streitgegenständlichen Anfragezeitraum sei nicht möglich.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 7. 3. 2002 (Bl. 240 ff. d. A.), 15. 12. 2003 (Bl. 292 d. A. mit Korrektur im SS vom 16. 12. 2003 Bl. 302 d. A.) und 25.5. 2004 (Bl. 326ff. d. A.), sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10. 5. 2002 (Bl. 256 ff. d. A.) und vom 19. 1. 2004 (Bl. 303 d. A.) verwiesen. Des weiteren wird Bezug genommen auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 23. 7. 2004 (Bl. 274 ff.) und 26. 5. 2004 (Bl. 330 ff.)

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Sie ist jedoch als unbegründet zurückzuweisen; das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

A. Der Senat hat zunächst erwogen, ob die Klage unzulässig ist, weil auf der Basis der gestellten Anträge kein der Vollstreckung fähiger Ausspruch ergehen kann. Er hat diese Frage verneint. Ein zulässiger Klageantrag ist dann gegeben, wenn zu erwarten ist, dass eine ihm folgende Verurteilung eine Zwangsvollstreckung ohne Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (vgl. Zöller/Greger 24. Aufl. 2004 Rn 13 a. E. zu § 253 ZPO). Das ist hier der Fall.

1. Bedenken beständen zwar, wenn es sich um eine Vollstreckung nach § 887 ZPO (durch Ersatzvornahme) handelte. Denn die von der Beklagten verlangten Auskünfte sind so komplex, vielfältig und differenziert, dass es einem im Rahmen der Zwangsvollstreckung herangezogenen Sachverständigen nur unter endlosen weiteren Auseinandersetzungen gelingen dürfte, sich aus den Geschäftsunterlagen der Beklagten die Auskünfte zu erarbeiten (Zuordnung der Teile zum Produktionsspektrum der Klägerin, Zuordnung der Bestell- zu Anfragezeiträumen innerhalb des hier streitgegenständlichen Zeitraums, Abgrenzung der Anfragen wegen neuer Produkte von den Nachbestellungen, bei denen nach Antrag zu I 1 c die Klägerin nur bei bestimmten Preiserhöhungen einen Auskunftsanspruch hat).

2. Die Vollstreckung des vorliegenden Auskunftsanspruchs iSv. § 259 ff BGB erfolgt indes nach § 888 ZPO; die hier verlangte Auskunftserteilung ist unvertretbare Handlung. Die Klägerin will nicht nur Auskunft, welche Plastikteile die Beklagte tatsächlich bestellt hat, sondern zudem Auskunft über sämtliche gehaltenen Anfragen, und begehrt für alle Plastikteile umfassende Angaben zu technischen Einzelheiten und zu Lieferbedingungen. Das setzt Auskünfte und persönliche Mitwirkungshandlungen der Beklagten als der Schuldnerin voraus und macht die Auskunftserteilung zur unvertretbaren Handlung (vgl. etwa OLG Hamburg, Beschluss vom 11. 7. 2001, MDR 2002, 294, mwN). Deren Erzwingung - durch Zwangsgeld bzw. Zwangshaft gemäß § 888 Abs. 1 ZPO sowie durch Eidesstattliche Versicherung nach § 261 BGB - ist trotz des Umfangs und der Komplexität der zu erteilenden Auskünfte möglich.

B. Ferner scheitert ein Auskunftsanspruch der Klägerin nicht schon daran, dass die Vereinbarung unwirksam wäre.

1. Die Vereinbarung ist hinreichend bestimmt. Ein Schuldverhältnis muss einen zumindest eindeutig bestimmbaren Inhalt haben (vgl. z. B. Palandt /Heinrichs, 63. Aufl. 2004, Rn 3 zu § 241 und Rn 1 zu § 319 BGB, Münchner Kommentar/Kramer, 4. Aufl. 2003, Rn 6 zu § 241 BGB, jeweils m. w. N.). Anlass, an der hinreichenden Bestimmtheit der Vereinbarung zu zweifeln, gibt zwar die Formulierung "Produktionsspektrum" der Klägerin (Nr. 9 Abs. 2 der Vereinbarung). Das "Produktionsspektrum" liegt bei kaum einem, erst recht nicht bei einem großen Betrieb wie dem der Klägerin statisch fest, sondern ist von den unternommenen Innovationsbemühungen abhängig. Beispielsweise läge es hinsichtlich der - zwischen den Parteien umstrittenen - in Wagenfarbe lackierten Stoßfänger bei der Klägerin, für die Sicherstellung der erforderlichen Qualität zu sorgen. Jedoch ist bei der Frage, ob eine genügende Bestimmbarkeit gegeben ist, angesichts eines vorhandenen Einigungswillens der Vertragsparteien von der Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung Gebrauch zu machen (vgl. dazu Münchner Kommentar aaO; auch Urteil des V. Zivilsenates des BGH vom 20. 6. 1997, NJW 97, 2671 f.). Dadurch kann vorliegend eine genügende Bestimmbarkeit hergestellt werden, wobei angesichts der stets gegebenen Entwicklungsmöglichkeiten von Technik und Fertigungsprozessen eine weite Auslegung des Begriffs "Produktionsspektrum" geboten ist. Danach hätte die Beklagte alle Anfragen an die Klägerin zu richten gehabt, bei denen Plastikwerkstoffe mehr als ganz am Rande beteiligt waren, und bei denen das Erreichen der geforderten Fertigungsqualität durch die Klägerin zumindest möglich erschien. Auch die weiteren Festlegungen der Vereinbarung lassen sich - wenngleich teilweise mit Schwierigkeiten - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmen. Was das "wettbewerbsfähigste Angebot" ist, kann - gegebenenfalls nach betriebswirtschaftlichen Analysen - ermittelt werden, wobei es beispielsweise bei dem Kriterium "Preis" dann, wenn die Beklagte die Aufträge konzernintern vergeben hat, der Darlegung zur Anrechnung von bei Konzerntöchtern entstehenden Gewinnen und zu internationalen steuerrechtlichen Effekten bedarf. Auch das Kriterium "Lieferfähigkeit" - die Fähigkeit zur zuverlässigen Belieferung bei schnell und stark schwankender Liefermenge "just in time" - ist, wenngleich unter Schwierigkeiten und mit Aufwand, mittels sachverständiger Hilfe fassbar zu machen.

2. Die Vereinbarung ist auch nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig. Zwar ist anerkannt, dass eine Ausnutzung einer Macht- oder Monopolstellung auf einem bestimmten Markt sittenwidrig sein kann (vgl. z. B. Palandt/Heinrichs, 63. Aufl. 2004, Rn 92 f. zu § 138 BGB). Die Beklagte hat die behauptete "Erpressung" durch die Klägerin aber nicht substantiiert vorgetragen. Die behauptete Drohung der Klägerin, die Beklagte nicht mehr zu beliefern, lässt nicht erkennen, ob damit der Bruch bestehender Verträge gemeint war. Entsprechende Verträge sind nicht einmal beispielhaft angeführt; ebensowenig enthält der Beklagtenvortrag Angaben zu Dauer und Gegenständen einer angedrohten Liefersperre. Die Beklagte sagt auch nicht, was für das Ausmaß des Drohübels und damit für dessen Bewertung als sittenwidrig essentiell gewesen wäre, wie lang und in welchem Umfang sie nicht mehr hätte produzieren können, wenn die Klägerin ihre Drohung wahr gemacht hätte. Die behauptete Zurückbehaltung eines bereits mit dringend benötigten Teilen beladenen LKW durch die Klägerin (vgl. Bl. 78 f. d. A.) soll nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber der E AG geschehen sein und spielt deswegen im Verhältnis der Parteien keine Rolle. Schließlich ist ("tu quoque") zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien seinerzeit unstreitig harte Verhandlungen geführt wurden und auch die Beklagte selbst, die die Werke der Klägerin übernehmen wollte, erheblichen Druck aufgebaut hatte.

3. Die Vereinbarung ist schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht wegen Wettbewerbsverstoßes (§§ 21 Abs. 1 GWB, 134 BGB) nichtig. Ein Verstoß gegen das Boykottverbot aus § 21 Abs. 1 GWB liegt nicht vor. Weder Preisabsprachen noch solche über Geschäftsbedingungen iSv. § 14 GWB haben die Parteien getroffen. Zwar erhielt die Klägerin bei Einhaltung des Vertrages durch die Beklagte einen Wettbewerbsvorteil, weil sie - im Gegensatz zu den Konkurrenten - jedes Angebot nachbessern konnte. Nichts hinderte indes die Beklagte, auf ein dann eingehendes Angebot der Klägerin ihrerseits wieder die Konkurrenz dazu aufzufordern, ebenfalls nachzubessern; dass der Klägerin stets das "letzte Wort" verblieb, reicht für einen Wettbewerbsverstoß nicht aus. Hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten zur Auftragsvergabe schließlich besagt die Vereinbarung lediglich, die Beklagte habe sich so zu verhalten, wie der Markt dies bei optimalem Funktionieren verlangt, nämlich stets das nach allen in Betracht kommenden Kriterien sachlich günstigste Angebot zu wählen. Es handelt sich nach alledem um eine bedenkenfrei zulässige Meistbegünstigungsvereinbarung (ähnlich wie im Urteil des Zivilsenates I b des BGH vom 22. 1 1964, LM Nr. 19 zu § 242 BGB). Die von der Beklagten zitierte Entscheidung des BGH in GRUR 1998, 945 (hier zitiert nach NJW 1998, 2531 ff. = Urteil des I. Zivilsenates vom 14. 5. 1998) steht in keiner für den Senat ersichtlichen Beziehung zum vorliegenden Fall.

C. Obwohl die Vereinbarung demnach wirksam ist, gewährt sie der Klägerin dennoch nicht den streitgegenständlichen Auskunftsanspruch.

1. Im Umfang der Klageerweiterung auf das Jahr 1996 war die Berufung schon darum zurückzuweisen, weil die Vereinbarung nicht über den 31. 12. 1995 hinaus gilt.

a. Trotz der zurückhaltenden Formulierung in der Vereinbarung war nach deren klarem Wortlaut die Aufgabe jeder direkten, sowie, ausdrücklich so genannt, "indirekten" kapitalmäßigen Beherrschung durch B A nicht etwa unverbindliche Absichtserklärung, sondern nach dem Willen der Parteien Voraussetzung für deren Weitergelten. Die Klägerin hat - trotz entsprechenden Hinweises des Gerichtes in der mündlichen Verhandlung vom 23. 7. 2003 - nicht genügend dargelegt, dass B A seine Mehrheitsbeteiligungen abgegeben hat. Erforderlich gewesen wären Darlegungen, aus denen der Senat, gegebenenfalls nach Beweiserhebung, hätte entnehmen können, dass hinter der Erwerberin "X H" - deren Firma derjenigen der Klägerin ähnelt, die insbesondere den Namen "A" nach wie vor als Initial enthält, die ihren Sitz in O2 hat und dort nur über einen Sitz bei einem Treuhänder verfügt - nicht, auch nicht "indirekt", also beispielsweise über juristische Personen oder Mittelsleute, mehrheitlich B A steht. Der Vortrag der Klägerin (vgl. zu dessen Einzelheiten Bl. 300 d. A.) beschränkt sich, was nicht ausreichend ist, auf die - den Wortlaut der Vereinbarung aufgreifende und wiederholende - Erklärung, B A beherrsche die X H kapitalmäßig weder direkt noch indirekt. Dabei handelt es sich aber um eine Bewertung, nicht um Sachvortrag.

b. Erfasst sind von der Vereinbarung somit nur alle ab dem 14. 6. 1995 gehaltenen Anfragen, die Teile betreffen, bezüglich derer eine Auftragsvergabe bis spätestens Jahresende 1995 erfolgte. Da mit der Gültigkeit der Vereinbarung auch die Verpflichtung der Beklagten zur Auftragsvergabe an die Klägerin - sollte diese das "wettbewerbsfähigste" Angebot abgeben - mit dem 31. 12. 1995 endete, kann die Klägerin Auskunft über solche Teile, die erst nach dem 31. 12. 1995 in Auftrag gegeben wurden, auch dann nicht verlangen, wenn zwar die entsprechenden Anfragen, nicht aber die Auftragsvergabe selbst in den Zeitraum davor fallen.

2. Aus der Vereinbarung selbst steht der Klägerin aber auch für den verbleibenden Zeitraum - vom 14. 6. bis Jahresende 1995 - kein Auskunftsanspruch zu.

a. Die Vereinbarung gewährt der Klägerin keinen vertraglichen (im folgenden: "primären") Auskunftsanspruch mehr. Zwar ergab sich aus ihr ursprünglich - als vertraglicher Erfüllungsanspruch - unter anderem ein Auskunftsanspruch. Allerdings trug dieser Anspruch, da es sich um Auskunft zur Vorbereitung der Beauftragung mit der Zulieferung der entsprechenden Teile handelte, Fixcharakter: Nur während der Vorbereitung der Vergabe, und solange die Vertragsverhandlungen Hersteller/Zulieferer im Gange waren, hatte die Klägerin das Recht, einbezogen zu werden. Dieser Zeitraum war zum Zeitpunkt der Klageerhebung längst vorbei. Eine isolierte Auskunft unabhängig von jedem Bezug zum Abschluss eines Liefervertrages stand und steht der Klägerin nach Wortlaut und Sinn der Vereinbarung nicht zu. Eine allgemeine Auskunftspflicht besteht nicht (vgl. Erman/Kuckuk, 11. Aufl. 2004, Rn 7 zu §§ 259/60 BGB).

b. Im Ergebnis kann die Klägerin auch keinen "sekundären", sich aus Treu und Glauben ergebenden, gewohnheitsrechtlich begründeten Auskunftsanspruch geltend machen.

aa. Allerdings ist als Gewohnheitsrecht seit dem Urteil des II. Zivilsenates des Reichsgerichts vom 4. Mai 1923 (RGZ 108, 1 ff., 7 f.) anerkannt (vgl. z. B. Münchner Kommentar / Krüger, 4. Aufl. 2003, Rn 12 zu § 261 BGB m.w.N.; StEnger/ClEa Bittner, Bearbeitung 2001, Rn 19 zu § 260 BGB; Palandt/Heinrichs 63. Aufl. 2004 Rn 8 zu § 261 BGB, BGH, Urteile des X. Zivilsenates vom 17. 5. 1994, NJW 1995, 387 ff, vom 13. 11. 1997, BGHZ 137, 162 ff., 168 f., vom 6. 2. 2002, NJW-RR 2002, 978 ff., 979), dass auch ohne vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Grundlage eine Auskunftsverpflichtung aus Treu und Glauben als Hilfsanspruch besteht, wenn (in der vom RG aaO. entwickelten Formel) die Auskunft die Rechtsverfolgung in hohem Maße erleichtert oder überhaupt erst möglich macht, der Berechtigte entschuldbarer Weise im Ungewissen, und die Auskunft dem Verpflichteten unschwer möglich ist.

bb. Erste Voraussetzung für einen derartigen Auskunftsanspruch ist eine rechtliche Sonderverbindung zwischen Auskunftsberechtigtem und -verpflichtetem, aus der dem Auskunftsberechtigten Ansprüche zustehen können, zu deren Durchsetzung er auf die erstrebte Auskunft angewiesen ist. Eine solche Sonderverbindung ist vorliegend gegeben.

Zwar scheiden Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Verzuges bei der Erfüllung der Vereinbarung bereits aus, weil der Schuldnerverzug voraussetzt, dass die Leistung noch nachholbar ist (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl. 2001, Rn 2 zu § 284 BGB a. F., ebenso 63. Aufl. 2004, Rn 3 zu § 286 BGB). Vorliegend ist die geschuldete Leistung aber, weil die Auskunft ihrem Zweck, die Klägerin in den Beauftragungsprozess einzubeziehen, nicht mehr dienen kann, dauernd unmöglich geworden.

Jedoch könnte der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 280 Abs. 1 BGB a. F zustehen. Es spricht viel dafür, dass die Beklagte die inzwischen eingetretene Unmöglichkeit der (rechtzeitigen) Auskunftserteilung zu vertreten hat, weil sie seinerzeit die geschuldeten (primären) Auskünfte bewusst nicht vollständig erteilt hat. Die Unvollständigkeit der von der Beklagten erteilten Auskünfte erscheint schon aus der Betrachtung der Mengenverhältnisse naheliegend: Unstreitig hatten die C-Werke vor dem Erwerb durch die A Aufträge der Beklagten von ca. DM 180 Millionen jährlich erhalten. Dabei waren sie nicht die alleinigen Zulieferer von Plastikteilen. Somit muss das Insgesamt-Bestell-Volumen der Beklagten an Plastikteilen weit höher als DM 180 Millionen p. a. gelegen haben. Auch hat die Beklagte die von der Klägerin in der Anlage zur Klageschrift K 3 1-6 (Bl. 28 ff. d. A.) aufgestellte Behauptung nicht bestritten, gerade hinsichtlich der wirtschaftlich lohnenden Zuliefereile - soweit diese von den Bedenken der Beklagten gegen die Fähigkeit der Klägerin der qualitätsgerechten Herstellung (vgl. Bd. I Bl. 48 d. A.) nicht erfasst waren - die Klägerin ganz überwiegend nicht mit Anfragen versehen zu haben. Ihr Vortrag Bl. 47 d. A. läuft darauf hinaus, dass sie den Umfang von DM 90 Millionen, der sich aus den Aufstellungen der Klägerin Bl. 28 ff d. A. ergibt, als alle geschuldeten Auskünfte erfassend verteidigt, was nicht zutreffen kann. Die Beklagte äußert sich ferner nicht dazu, warum bei einzelnen Zulieferteilen, wie geschuldet, Zielpreise ("targets") übermittelt wurden, bei den meisten Teilen aber nicht. Ihr Vortrag Bl. 49 d. A., "grundsätzlich" seien der Klägerin die "verabschiedeten Zielpreise" mitgeteilt worden, reicht nicht aus. Nichts Konkretes sagt die Beklagte darüber, ob, wie geschuldet, Unterbietungen durch die Konkurrenz der Klägerin mitgeteilt wurden. Keinen Vortrag hält sie dazu, ob und wie oft die Klägerin entsprechend Nr.10 der Vereinbarung nach Preiserhöhungen oder dem Ausscheiden anderer Anbieter oder im Rahmen von umfassenden Anfrageaktionen ("global sourcing") beteiligt wurde. Die diesbezüglichen Beweisangebote der Beklagten laufen angesichts dieser Vortragsmängel - auf die die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 23. 7. 2003 durch den Senat hingewiesen wurde, ohne dass sie sie behoben hätte - auf Ausforschung hinaus. Schließlich reicht auch der Vortrag der Beklagten (vgl. Bl. 86 d. A.), die Klägerin habe sich durch vier namentlich benannte Mitarbeiter im technischen Entwicklungszentrum der Beklagten stets auf dem Laufenden gehalten und deswegen immer gewusst, für die Fertigung welcher Teile sie in Frage käme, nicht aus, da insoweit nur von technischen Einzelheiten, nicht aber von Preisen und Lieferbedingungen usw. die Rede ist und der Senat es zudem für schlechterdings ausgeschlossen hält, dass sich die bekanntermaßen "knochenharten" Verhandlungen Autohersteller/Zulieferer bei der Beklagten mit voller Transparenz und sozusagen bei für die Klägerin offener Tür abgespielt haben sollen. Indes kommt es letztlich nicht darauf an, ob die Beklagte schuldhaft die geschuldeten Auskünfte usw. nicht erteilt und die geschuldete Einbindung in der Vergabeprozess nicht vorgenommen hat.

cc. Denn die weitere Tatbestandsvoraussetzung für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben ist, dass der Auskunftsberechtigte sich in einer (Not)Lage befindet, in der er sich die erforderlichen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen kann (allg. Meinung, vgl. Palandt/Heinrichs aaO Rn 12 zu § 261 BGB, Münchner Kommentar / Krüger Rn 18 f zu § 260 BGB). Schon dies ist vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin befindet sich zum einen hinsichtlich all derjenigen Auskünfte nicht in einer (Not)Lage der vorbeschriebenen Art, deren sie zur Durchsetzung ihrer Schadensersatzansprüche nicht bedarf. Dies gilt für sämtliche Auskünfte über Angebote anderer Zulieferer, die von der Beklagten nicht angenommen worden sind. Die Klägerin hat nur an der Kenntnis von den zu Aufträgen führenden Angeboten anderer Zulieferer ein wirtschaftliches Interesse, denn nur mit dem Vortrag (im Bestreitensfall der Beweisführung), sie hätte deren Preise unter- und/oder deren Qualität usw. überboten, könnte die Klägerin einen Schadensersatzanspruch begründen. Daher war die Berufung insoweit zurückzuweisen, als die Klägerin - mit den Anträgen zu I. 1. a) und c) teilweise, mit dem Antrag zu I. 1. d) vollumfänglich - Auskunftsansprüche über andere als die "wettbewerbsfähigsten" Konkurrenzangebote geltend macht.

Der Senat verneint darüber hinaus auch hinsichtlich der verbleibenden Anträge - das sind die Hauptanträge, soweit sie sich auf Auskunft über die wettbewerbsfähigsten Angebote richten, sowie der Hilfsantrag über die seitens der Beklagten erteilten Aufträge - einen Auskunftsanspruch der Klägerin.

Da es sich bei der hier die Auskunftsansprüche begründenden rechtlichen Sonderverbindung um einen Vertrag handelt, reicht es (vgl. die Nachweise bei Palandt/Heinrichs, 63. Aufl. 2004, Rn 10 zu § 261; ausführlich Münchner Kommentar / Krüger aaO Rn 16; ferner Soergel / Manfred Wolf, 12. Aufl. 1990 Rn 25 zu § 260 BGB)) zwar aus, wenn lediglich der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung besteht bzw. wenn, gemäß der Formulierung bei Palandt aaO, für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, wobei der - hier gegeben - Pflichtverletzung des Auskunftsschuldners besonderes Gewicht zukommt (vgl. auch BGH, Urteil des Zivilsenates I b vom 22. 1. 1964, LM § 242 Nr. 19).

Wie bei allen auf Treu und Glauben basierenden Ansprüchen gilt aber auch für den Auskunftsanspruch in besonderem Maße, dass dieser stets unter billiger Abwägung der Interessen beider Parteien und Würdigung der besonderen Umstände des Falles abzugrenzen ist (so BGH LM aaO Bl. 3 R, ferner BGH, Urteil des X. Senates vom 17. 5. 1994, NJW 1995, 386 ff., 388). Besonderes Merkmal der vorliegend anzustellenden Abwägung ist der sehr umfassende Charakter des klägerischen Auskunftsverlangens. Es umfasst alle weltweit von der Beklagten betriebenen Produktionsstätten, alle Baureihen aller Modelle in der fraglichen Zeit, und richtet sich auf sämtliche Teile aus Plastik bis hin zur kleinsten Unterlegscheibe. Hat der BGH schon in seinem Urteil vom 22. 1. 1964 (LM aaO) ein auf sämtliche von einer Werft bestellten Schiffpumpen gerichtetes Auskunftsverlangen als "umfassend" bezeichnet, so erscheint der hier geltend gemachte Auskunftsanspruch nahezu monströs. Denn es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nicht nur die Preise der Teile, sondern deren Qualität und Lieferbedingungen von dem Auskunftsverlangen umfasst sind, und die Teile Bestellvorgängen im hier noch maßgeblichen Zeitraum zugeordnet werden müssen.

Ein rechtliches Interesse der Klägerin, das einen solchen Aufwand rechtfertigen würde, hat die Klägerin nicht dargelegt: - Zwar kann der Senat die Argumentation der Klägerin zur Schadensberechnung (vgl. wegen deren Einzelheiten Bl. 118 d. A.) nachvollziehen, dass ihr ein Schaden nicht nur dadurch entstanden ist, dass sie einen aus den Aufträgen zu erwartenden Gewinn nicht erzielt hat, sondern dass auch bei als Einzelgeschäft verlustbringenden Aufträgen die fehlende Auslastung ihrer Werke, zumal durch größere Auftragsvolumina der Beklagten, gemildert worden wäre und dadurch "Deckungsbeiträge" für die fixen Kosten eingegangen wären, deren Fehlen nun den Schaden darstellt. Denn dass etwa die Klägerin ihre Fabriken oder einzelne derselben, weil diese betriebswirtschaftlich nicht zu retten waren, in Erfüllung ihrer Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB a. F.) hätte schließen müssen, wäre von der Beklagten darzulegen gewesen, die entsprechenden Vortrag nicht gehalten hat (eine zwischen den Parteien unstreitige Werksschließung durch die Klägerin fällt in das Jahr 2000 und damit nicht in der streitgegenständlichen Zeitraum). - Doch hält der Senat die Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin überzeugend darlegen kann, die Beklagte hätte bestimmte Aufträge vereinbarungsgemäß an sie, die Klägerin, vergeben müssen - dies ist notwendige Voraussetzung für den Eingang auch lediglich von Deckungsbeiträgen -, für gering. Dies liegt daran, dass die Vereinbarung zwar, wie dargelegt, durchaus einen bestimmbaren Inhalt hat, jedoch die Voraussetzungen für die Meistbegünstigung der Klägerin überaus komplex sind. Im Ergebnis besagt die Vereinbarung nämlich nichts anderes, als dass die Beklagte bei jedem Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Bevorzugung eines Konkurrenten die Klägerin nicht beauftragen musste. Am Beispiel des erstgenannten Kriteriums "Preis": Die Klägerin steht Schadensersatz nur zu, wenn sie für jeden einzelnen von ihr beanspruchten Auftrag darlegt, dass sie den günstigsten Preis geboten hätte. Diese Darlegung macht angesichts der Möglichkeit der Beklagten, die Teile in konzerneigenen Werken herstellen zu lassen - von der die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin auch in großem Umfang, durch die Firma J, Gebrauch gemacht hat - kaum überwindliche Schwierigkeiten. Die Klägerin müsste sich mit dem Einwand auseinandersetzen, der konzernangehörige Zulieferer sei zwar im Stückpreis teurer, dafür bleibe der Gewinn aber im Konzern. Auch sind komplexe steuerrechtliche Lagen denkbar, bei denen sich für die Beklagte eine Vergabe an eine Konzernfirma im Ausland selbst zu einem höheren als dem von der Klägerin genannten Stückpreis deswegen betriebswirtschaftlich lohnt, weil dadurch im Inland unter höherem Steuersatz höhere absetzbare Betriebsausgaben entstehen, während der im Fertigungsland komplementär dazu entstehende Gewinn geringer besteuert wird. Besondere Berechnungsschwierigkeit entstehen angesichts der von der Klägerin selbst dargestellten vielen Möglichkeiten (vgl. dazu den Klägervortrag Bl. 116 f. d. A.), die Fertigung der sogenannten "Werkzeuge" in die Preisberechnung einzubeziehen. Vergleichbare Anwendungsschwierigkeiten entstehen ferner bei dem Kriterium "Lieferfähigkeit", in das bei der unter den heutigen Bedingungen des "just-in-time"Belieferung stets eine Prognose der dauerhaften Zuverlässigkeit des Zulieferers einfließt. Hinsichtlich dieses Kriteriums würde der Beklagten der Einwand, sie vertraue auf die Lieferfähigkeit der von ihr selbst im Konzernverbund kontrollierbaren "eigenen" Zulieferer grundsätzlich mehr als auf die von außenstehenden Firmen, kaum je zu widerlegen sein. Gleichermaßen schwierig zu handhaben ist das Kriterium "Qualität". Jede Neuerung in Material oder Konstruktion würde der Beklagten einen Spielraum zu einer sachlich begründbaren Entscheidung gegen die Klägerin eröffnen, wie an der zwischen den Parteien diskutierten Frage, ob die Klägerin Stoßfänger qualitätsgerecht lackieren kann, exemplarisch deutlich wird. Es kommt hinzu, dass die streitgegenständliche Vereinbarung die Kriterien Preis, Qualität und Lieferfähigkeit nicht gegeneinander gewichtet, sodass es der Beklagten unbenommen ist, für höhere Lieferfähigkeit eine geringere Qualität in Kauf zu nehmen usw. Zusammenfassend: Die Vereinbarung verpflichtet die Beklagte zu nichts anderem, als sich gegenüber der Klägerin wettbewerbsgerecht zu verhalten. Nichts anderes gebietet der Beklagte aber schon ihr eigenes Interesse. Es erscheint unter den bekannten sehr harten Wettbewerbsbedingungen der Automobilhersteller wenig wahrscheinlich, dass die Beklagte sich - aus sachfremden Gründen gegen ein wettbewerbfähigstes Angebot allein deswegen entscheidet, weil dieses von der Klägerin kommt. Dies zumal, als persönliche Animositäten bei der großen und erfahrungsgemäß wechselnden Belegschaft der Beklagten kaum dauerhaft eine Rolle spielen dürften, und die Parteien ja nach wie vor im zweistelligen Euro-Millionen-Bereich noch heute zusammenarbeiten. Daher sieht es der Senat als wahrscheinlich an, dass es der Beklagten jeweils gelingen wird, überzeugend vorzutragen, warum sie - ohne gegen die Vereinbarung über die Meistbegünstigung zu verstoßen - einen bestimmten Auftrag eben nicht an die Klägerin vergeben hat. Entsprechend gering bewertet der Senat bei seiner Abwägung das Interesse der Klägerin an den Auskünften.

Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 23. 7. 2003 auf die vorgenannten Gesichtspunkte hingewiesen und der Klägerin anheim gestellt, durch geeigneten Vortrag eine nach diesen Kriterien - auch der wirtschaftlichen Bedeutung nach - ausreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts darzulegen; dafür ist der Klägerin eine viermonatige Schriftsatzfrist eingeräumt worden. Da die Klägerin als Großunternehmen und jahrzehntelang am Markt präsenter Zulieferer über Detailkenntnis verfügt, hätte sie ihren Auskunftsanspruch auf Teile konzentrieren können und müssen, die sich für sie bzw. die übernommenen C-Werke in der Vergangenheit besonders gelohnt haben, die technisch unverändert geblieben sind, aber statt an sie von der Beklagten anderweit vergeben wurden. Davon, dass sie solchen Vortrag nicht halten kann, hat die Klägerin den Senat durch ihren Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz nebst dazu übereichtem Aktenordner nicht überzeugt: Aus den vorgelegten Kopien von Computerausdrucken (nach deren auf den Kopie oben sichtbarem "Menü" dieses Programm sehr verschiedene Differenzierungen und Detaillierungen ermöglicht) ergibt sich gerade, dass ein EDV-gestütztes System der eindeutigen Teilebezeichnung bei der Beklagten und deren Netz von Service-Werkstätten verbreitet ist; unter Zuhilfenahme dieses Systems hätte die Klägerin detailliert vortragen können und müssen, auf welche Teile sie - als für sie wirtschaftlich besonders wichtig - ihre Auskunftsansprüche konzentriert. Gegebenenfalls hätte sie sich - mit einem geänderten Antrag auf der "Auskunftsstufe" - einen legalen Zugang zu diesem Teile-Bezeichnungs-System einklagen können. Aber selbst unabhängig von diesem Bezeichnungssystem wäre es der Klägerin möglich gewesen, die Teile zu benennen, die in der Vergangenheit für sie große Umsatz- und Gewinnträger waren. Die von der Klägerin selbst genanten Beispiele (Instrumententafeln, Seitenverkleidungen, Mittelkonsolen, Stoßfänger usw.) zeigen, dass die Klägerin für sie wirtschaftlich lohnende Teile von den sonstigen Teilen selbst sehr wohl unterscheiden könnte. Auch liegt auf der Hand, dass die Klägerin als großer Zulieferer den Markt beobachtet und daher weiß oder zumindest hätte wissen können, welche Teile technisch unverändert blieben und sich deswegen für Vergleiche besonders geeignet hätten. Nach alledem hätte die Klägerin ihren Auskunftsanspruch konzentrieren können und müssen, und zwar sinngemäß nach folgendem Beispiel: Zu welchen Bedingungen wurden die Aufträge für Mittelkonsolen des "L" vergeben, die bis zum 31.12.1995 geliefert wurden, und bezüglich derer die Anfragen bei dem Zulieferer ab dem 14.6.1995 begonnen hatten und dies so fort für alle Teile, von denen die Klägerin darlegen kann, dass sie sich wirtschaftlich für sie lohnen. Der Senat ist in Ermangelung geeigneten Vortrages der Klägerin nicht in der Lage, die Auskünfte, für die nach den vorliegenden Kriterien eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für einen mehr als wirtschaftlich völlig bedeutungslosen Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht, von den weiteren von der Klage umfassten Auskünfte zu unterscheiden, bezüglich derer dies nicht der Fall ist. Somit konnte dem Auskunftsanspruch auch nicht teilweise stattgegeben werden.

dd. Zusätzlich zu allen vorstehenden Bedenken und unabhängig von ihnen muss das Klagebegehren jedenfalls daran scheitern, dass die Beklagte ersichtlich nicht - so aber die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen sich aus Treu und Glauben ergebenden Auskunftsanspruch - "unschwer" in der Lage ist, die verlangte Auskunft zu erteilen.

Für die nachstehenden Ausführungen wird zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Beklagte rein tatsächlich die Auskünfte in dem oben skizzierten Umfang überhaupt erteilen kann, wofür sprechen dürfte, dass die Beklagte ihre Lieferantenrechnungen nach § 143 AO gesondert aufzuzeichnen hat; nach § 147 Abs. 3 iVm. Abs. 1 AO sind diese Buchungsbelege zehn Jahre aufzubewahren. Dass die Beklagte dieser steuerrechtlichen Pflicht nicht nachgekommen wäre, ist nicht behauptet. Auf Basis dieser Steuerunterlagen könnte die Beklagte zur Erteilung der hier hilfsweise verlangten Auskunft in der Lage sein. Auch geht der Senat im Wege der Unterstellung zugunsten der Klägerin davon aus, dass bei der Beklagten die Unterlagen, aus denen sich die Preisgestaltung sowie die Lieferbedingungen ergeben, noch vorhanden sind, denn die Beklagte dürfte diese für ihr controlling benötigen. Dass die Beklagte ihren Einkauf vor einigen Jahren an eine andere Firma "outgesourct" hat, steht dem nicht entgegen, denn die Beklagte muss in der Lage sein, diese Unterlagen ggf. dem Finanzamt vorzulegen, und folglich dieser Drittfirma zur Herausgabe der Unterlagen weisungsberechtigt sein.

Bei der Bemessung des der Beklagten bei der Auskunftserteilung zumutbaren Aufwandes hat der Senat bedacht, dass die Klägerin ihren Auskunftsanspruch auf eine Rechtsverletzung durch die Beklagte stützt. Ausmaß und Umfang einer Rechtsverletzung können einen größeren Aufwand rechtfertigen (vgl. Münchner Kommentar / Krüger aaO, Rn 20; StEnger/ClEa Bittner aaO Rn 21 ­ es muss eine Abwägung zwischen Schwere der Rechtsverletzung und geschuldetem Aufwand bei der Auskunftserteilung stattfinden; vgl. auch BGH, Urteil des I. Zivilsenates vom 5. 6. 1985, BGHZ 95, 275 ff., 281 Mitte: "Muss mit sehr großer Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Bekl. in zahlreichen Fällen in erheblichem Umfang Rechte der Kl. verletzt, so kann nach Treu und Glauben auch der zumutbare Aufwand größer sein."). Wenn es sich so verhielte, dass die Beklagte vorsätzlich und laufend gegen ihre Verpflichtung verstoßen hätte, die Klägerin vollständig in den Vergabeprozess usw. einzubinden, wäre dieser Vertragsverstoß als schwerwiegend zu betrachten. Dies kann indes dahinstehen; auch im bejahenden Falle fiele die Abwägung nicht zugunsten der Klägerin aus. Denn der gegebenenfalls durch die Beklagte begangenen Rechtsverletzung steht ein außer jedem Verhältnis stehender Aufwand bei der Erteilung der geschuldeten Auskünfte gegenüber. Die Beklagte müsste die seinerzeit geführten Verhandlungen hinsichtlich der diskutierten technischen Einzelheiten und der Preise nachvollziehen. Dazu müssten - für sämtliche Produktionsstätten der Beklagten weltweit, und für sämtliche Modelle sowie für die zahlreichen Teile - die in die Produktionspalette der Klägerin passenden Teile aus der Vielzahl der erteilten Aufträge herausgesucht und den Verhandlungen in dem streitgegenständlichen Zeitraum zuverlässig zugeordnet werden. Hinzu kommt, worauf das Landgericht zu Recht abgestellt hat, dass dieser Aufwand mit zunehmendem Zeitabstand zu den seinerzeitigen Geschäftsvorgängen immer schwieriger wurde und wird (für die Relevanz des Kriteriums Zeitablauf auch das Urteil des X. Zivilsenates des BGH vom 17. 5. 1994 NJW 1995, 386 ff., 388). Auch unter der - vom Landgericht nicht vorgenommenen - Einbeziehung der drei Schreiben aus Januar und Februar 1996 sowie des Vortrages der Klägerin zu den Bemühungen des Zeugen ... I, in persönlichen Gesprächen bei der Beklagten eine vereinbarungsgemäße Einbeziehung erreichen, in diese Bewertung, erachtet der Senat das vom Landgericht gewonnene Ergebnis als zutreffend. Da die Klägerin selbst vorträgt, nach dem 26. Nov. 1996 (das ist der Termin des letzten der behaupteten Gespräche ihres Beauftragten ... I mit der Beklagten) nur einmal noch - mit dem Schreiben des von ihr beauftragten Rechtanwalts M aus dem August 1997 - auf die Erteilung der streitgegenständlichen Auskünfte hingewirkt zu haben, musste sich die Beklagte nicht bis zur Klageerhebung über die Vergabeverhandlungen usw. im Jahr 1995 hinaus auskunftsbereit halten. Auch zwischen dem Schreiben von Rechtsanwalt M bis zur Klagerhebung vergingen mehr als zwei Jahre. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, dass sie sich über diesen Zeitraum auskunftsbereit erhält bzw. nach diesem Zeitraum wieder auskunftsbereit macht. Dem steht schließlich nicht entgegen, dass die Klägerin schon 1995 einen Rechtsstreit auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu führen begann (AZ: LG 14 O 593/95; OLG 22 U 186/99). Denn dieses Verfahren betraf die "Altaufträge" der C aus der Zeit vor dem Erwerb durch die A und hat mit den vorliegenden Zeiträumen nichts zu tun.

D. Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat die Klägerin zu tragen, da ihr Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich vorliegend um die Auslegung der Verpflichtungen der Beklagten aus einer Individualvereinbarung handelt, und die Rechtsprechung seit langen geklärt hat, unter welchen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben besteht. Daher verlangen weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung eines Entscheidung des Revisionsgerichtes; auch hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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